Am 22. Januar hat der Grosse Rat das Gesetz betreffend die Einführung der Bundesgesetze über die Kranken-, die Unfall- und die Militärversicherung (EG KUMV) revidiert und dabei das Sozialziel zu den Prämienverbilligungen für die Krankenkasse gestrichen. Mit einem Referendum gegen das EG KUMV und einer parallelen Initiative will das Komitee «Bewährte Prämienverbilligungen» den Erhalt der bewährten, fairen Prämienverbilligungen sicherstellen.

Nachdem der Grosse Rat die Prämienverbilligungen für die Krankenkassen schon im Jahr 2012 um 20 Millionen Franken (130’000 Betroffene) reduziert hat, wurden sie im Jahr 2013 im Rahmen des Abbaupakets ASP um weitere 35 Millionen Franken (86’000 Betroffene) reduziert. Um die Prämienlast für die Krankenkasse erträglich zu halten, sah das Gesetz im Sinne eines Sozialziels bisher vor, dass mindestens der einkommensschwächste Viertel der Bevölkerung in den Genuss einer Prämienverbilligung kommen sollte. Am 22. Januar 2015 hat der Grosse Rat im Rahmen der Revision des EG KUMV das Sozialziel zu den Prämienverbilligungen ersatzlos gestrichen. Damit könnte künftig sowohl die Zahl als auch die Höhe der Prämienverbilligungen beliebig reduziert werden. Das Komitee «Bewährte Prämienverbilligungen» will diesen sozialpolitisch gefährlichen Freipass mit einem Referendum gegen das EG KUMV und einer parallelen Initiative rückgängig machen und den Erhalt der bewährten, fairen Prämienverbilligungen sicherstellen.

«Sowohl der Abbau bei den verfügbaren Mitteln für die Krankenkassen-Prämienverbilligungen, wie auch die ersatzlose Streichung des gesetzlichen Sozialziels sind falsch und sozialpolitisch brandgefährlich», begründete Natalie Imboden, Grossrätin Grüne, das Referendum gegen das EG KUMV an der heutigen Medienkonferenz. Der Abbau bei den Prämienverbilligungen trifft vor allem Menschen mit mittelständischen Einkommen und ganz besonders Familien. Dank dem Referendum wird die Bevölkerung erstmals über eine ASP-Massnahme abstimmen können. «Das Referendum wird zu einem Plebiszit gegen den massiven Sozialabbau im Kanton Bern», so Natalie Imboden.

Das Komitee «Bewährte Prämienverbilligungen» kritisiert die erfolgten Kürzungen scharf. «Der Abbau bei den Krankenkassenprämienverbilligungen ist rücksichtslos, umso mehr, weil er finanzpolitisch gar nicht nötig war. Wir erinnern an die Jahresrechnung 2013 des Kantons Bern, die mit einem Überschuss von 157 Millionen Franken abgeschlossen hat, was zeigt, dass die schmerzhaften ASP-Abbaumassnahme bei den Prämienverbilligungen schlicht nicht nötig war», führte Ursula Marti, Präsidentin SP Kanton Bern, aus.

Nur in einem einzigen Schweizer Kanton (Waadt) ist die Prämienbelastung für die Krankenkassen höher als im Kanton Bern. Hier verschlingen die Prämien oftmals mehr als 13 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens. Laut Blaise Kropf, Grossrat und Gewerkschaftssekretär, verweigert der Kanton Bern mit seiner Politik faktisch die adäquate Umsetzung der Prämienverbilligungspolitik des Bundes: «In keinem anderen Schweizer Kanton ist das Verhältnis des Kantons- zum Bundesbeitrag an die Prämienverbilligungen so schlecht wie in Bern. Diese Verweigerungspolitik ist schlicht nicht akzeptabel.» Umso wichtiger ist der Verzicht auf die jüngst erfolgten Kürzungen. Um den Abbau im Rahmen von ASP rückgängig zu machen, lanciert das Komitee darum im März 2015 parallel zum Referendum die Initiative «Ja zu den bewährten Prämienverbilligungen – Für Familien und Mittelstand».

Mit der Kombination der Instrumente Referendum und Initiative will das Komitee «Bewährte Prämienverbilligungen» den Status „vor ASP“ wiederherstellen. Denn für viele Berner Haushalte mit kleinen oder mittleren Einkommen werden die Krankenkassenprämien zum Problem, wenn sie ein paar Hundert Franken weniger an Prämienverbilligungen erhalten. «Der Grossratsentscheid vom Januar wird dazu führen, dass wirtschaftlich eigenständige Haushalte von der Sozialhilfe abhängig werden. Damit fördert der Grosse Rat die Armut und die Sozialhilfeabhängigkeit, statt sie zu bekämpfen», führte Thomas Näf, Geschäftsführer des Komitees der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen KABBA, aus.

Die Sammelfrist für das Referendum läuft seit dem 11. Februar 2015. Dem Komitee «Bewährte Prämienverbilligungen» sind bis heute zehn Organisationen, politische Parteien, Gewerkschaften, Branchenverbände und Vereine aus den Bereichen Sozialarbeit und Armutsbetroffenheit beigetreten; weitere Organisationen beschliessen in den nächsten Wochen über ihre Unterstützung. Aufgrund der zahlreichen Rückmeldungen aus der Bevölkerung ist das Komitee «Bewährte Prämienverbilligungen» zuversichtlich, die Unterschriftensammlung für das Referendum rasch abzuschliessen. Die Lancierung der Initiative wird für März vorbereitet.

Beilagen:

Redebeitrag Natalie Imboden, Grossrätin Grüne (PDF)
Redebeitrag Ursula Marti, Präsidentin SP Kanton Bern (PDF)
Redebeitrag Blaise Kropf, Gewerkschaftssekretär VPOD (PDF)
Redebeitrag Thomas Näf, Geschäftsführer Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen KABBA (PDF)
Beitrag Jutta Gubler Kläne-Menke, Geschäftsleiterin AvenirSocial Sektion Bern (PDF)
Unterschriftenbogen Referendum EG KUMV (PDF)
Argumentarium (PDF)
www.praemienverbilligungen.be

Für weitere Auskünfte:

Natalie Imboden, Grossrätin Grüne, 079 706 62 84
Blaise Kropf, Gewerkschaftssekretär VPOD, 079 263 47 68