Vernehmlassung «Verordnung über die individuelle Sozialhilfe»

Die Verordnung über die individuelle Sozialhilfe ist für die Grünen inhaltlich inakzeptabel. Sie ist noch restriktiver als das Sozialhilfegesetz und umgeht in fragwürdiger Weise rechtsstaatliche Grundsätze. Sowohl das Gesetz, wie auch die noch verschärfte Verordnung führen zu weiteren Verschlechterungen für Sozialhilfebetroffene. Dank dem von den Grünen mitgetragenen Volksvorschlag «Für eine wirksame Sozialhilfe», der mit mehr als 17’000 Unterschriften zustande gekommen ist, wird die Bevölkerung im nächsten Jahr einen Richtungsentscheid bei der Sozialhilfe treffen. Bis zur Abstimmung ist die Verordnung obsolet und muss bei Annahme des Volksvorschlages neu erarbeitet werden.

Die Grünen haben die Kürzung des Grundbedarfs in der Sozialhilfe um 8 bis zu 30% bereits im Grossen Rat aus sozialpolitischen Gründen klar abgelehnt. Eine Abweichung von den SKOS-Richtlinien erachten die Grünen aus fachlicher wie auch finanzieller Sicht als nicht vertretbar. Die in der Motion Studer geforderten Sparmassnahmen wurden im Rahmen der SKOS-Revision und der kantonalen Massnahmen längst erfüllt. Daher ist es umso problematischer, dass im Rahmen der Verordnung darauf verzichtet wurde, von den umstrittenen Höchstwerten gemäss Revision Sozialhilfegesetz abzuweichen und weniger weitgehende Kürzungen vorzusehen. Dies zeigt einmal mehr, dass der Vorsteher der Sozialdirektion die Grenzen des neuen Sozialhilfegesetzes bis aufs Äusserte ausreizen will und jegliches soziales und politisches Augenmass fehlt.

Dies zeigt sich in der Interpretation der SKOS-Richtlinien. Gemäss der neuen Fassung im Gesetz sind die SKOS-Richtlinien grundsätzlich «massgebend» für die Ausgestaltung der wirtschaftlichen Hilfe. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass sich die zuständige Behörde nur noch daran «orientieren» soll. Aus Sicht der Grünen weicht die Verordnung die gesetzliche Regelung in unzulässiger Weise auf. Damit wird eine erhebliche Rechtsunsicherheit geschaffen.

Kürzungen bis 30% bei Alleinerziehenden mit kleinen Kindern

So werden Ausnahmen weit restriktiver als vom Gesetzgeber gewollt geregelt. Beispielsweise werden nur Alleinerziehende mit Säuglingen von den Kürzungen ausgenommen, obschon der Grosse Rat diese Bestimmung auf Alleinerziehende mit Kleinkindern ausgedehnt hat. In der Praxis würde das bedeuten, dass z.B. eine 24-jährige Alleinerziehende mit Kleinkindern (über 12 Monate) einen um 30% tieferen Grundbetrag gewärtigen müsste, wenn sie nicht an einem Beschäftigungs- oder Integrationsprogramm mit einem Pensum von mindestens 70 % teilnimmt. Aus Sicht der Grünen führt dies zu einer ungerechtfertigten Mehrbelastung von Alleinerziehendenden.

Arbeitsverweigerung bei der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

An Arbeitsverweigerung grenzt das Verhalten von Regierungsrat Schnegg beim Thema Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. So wollte sowohl die Kommission wie auch der Grosse Rat mit der Revision des Sozialhilfegesetztes vor allem auch die berufliche Wiedereingliederung von Personen in der Sozialhilfe fördern. Ergebnis dieser Debatte war der Art. 72 SHG, der eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft vorsieht. Diesen Artikel ist wesentlich für die Integration. Umso unverständlicher ist es, dass die Verordnung überhaupt nicht auf diese neue Gesetzesbestimmung eingeht.

Rechtsstaatlich gefährliche Kompetenzverschiebung in die GEF

Kritisch beurteilen die Grünen weiter die neuen Direktionsverordnungen. Diese führen zu einer Überreglementierung und zu administrativem Mehraufwand bei den Sozialdiensten. Gerade die vielzähligen, unterschiedlichen Unterstützungsansätze, die sich innert kurzer Zeit immer wieder verändern können, dürften zu einem massiven zusätzlichen Arbeitsaufwand führen. Besonders kritisch beurteilen die Grünen, dass die GEF ermächtigt werden soll, die Bemessung von situationsbedingten Leistungen in einer Direktionsverordnung selber zu regeln. Gemäss Gesetz regelt der Regierungsrat die Bemessung der wirtschaftlichen Hilfe durch Verordnung. Somit steht eine Direktionsverordnung im klaren Widerspruch zum SHG und eine Verschiebung der Rechtsetzungskompetenz an die Verwaltung (GEF), in diesem in der Praxis wichtigen Bereich, ist gesetzlich auch nicht vorgesehen. Die Grünen beurteilen es als staatspolitisch äusserst bedenklich, wenn, in einem hoch grundrechtssensiblen Bereich, lediglich eine Direktionsverordnung Recht setzt.

Ausführliche Stellungnahme (PDF)