Wetterfahnenpolitik rund um den subventionierten Strukturerhalt im Kanton Bern

Die Grünen unterstützen den Vorschlag die Subventionierung für die Mindestausstattung von strukturschwachen Gemeinden einzuschränken und damit den finanziellen Anreiz auf Gemeindefusionen im Kanton Bern zu erhöhen. Damit soll der subventionierte Strukturerhalt gelockert werden. Die Grünen kritisieren, dass der Regierungsrat – vor Ablauf der Konsultationsfrist – die vorgelegte Verordnungsänderung, aufgrund von noch unbehandelten Vorstössen aus SVP-Kreisen, voreilig bereits wieder beerdigt hat. Dieses Vorgehen ist sachlich unverständlich und demokratiepolitisch äusserst heikel.

Eine selten gesehene Wetterfahnenposse läuft im Moment im Kanton Bern ab. Aufgrund einer überwiesenen Planungserklärung im Grossen Rat mit dem Ziel die Mindestausstattung für die kleinsten Gemeinden im Kanton Bern zu senken, hat der Regierungsrat eine Vernehmlassung für die Anpassung der Verordnung in die Vernehmlassung gegeben. Mit der Verordnungsänderung in Regierungskompetenz soll der seit 2012 geltende Wert des harmonisierten Steuerertragsindexes (HEI) für den Vollzug der Mindestausstattung der Gemeinden per 1. Januar 2020 von 86 auf 84 gesenkt werden. Damit sinkt der Gesamtbetrag der Mindestausstattung von 33,2 Millionen Franken um rund 9,1 Millionen Franken auf 24,1 Millionen Franken und die Anzahl der anspruchsberechtigten Gemeinden verringert sich von 163 auf 139 Gemeinden. Gemäss Regierungsrat soll der Schritt dazu beitragen, Gemeindefusionen zu fördern. Der Regierungsrat setzt damit eine Planungserklärung des Grossen Rates um (6. September 2018 im Rahmen der Beratung des Berichtes des Regierungsrates «Erfolgskontrolle FILAG»), welche dem subventionierten Strukturerhalt entgegenhalten will. Die Grünen unterstützen den Vorschlag des Regierungsrates, im Rahmen seiner Kompetenz des Gesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich (FILAG) eine Verordnungsänderung zu erlassen.

Grüne kritisieren Wetterfahnenpolitik des Regierungsrates

Die Grünen kritisieren, dass der Regierungsrat – vor Ablauf der Konsultationsfrist – mit der Medienmitteilung «Regierungsrat will Mindestausstattung für Gemeinden nicht senken» vom 26. April 2019 bereits Vorentscheide gefällt hat und damit die vorgelegte Verordnungsänderung, die in alleiniger Kompetenz der Regierung liegt, obsolet machen will. Es ist äusserst problematisch, wenn ein laufender Vernehmlassungsprozess so torpediert und gestoppt wird; dies aufgrund zweier noch unbehandelter Motionen von einzelnen SVP-Grossratsmitgliedern. Dieses Verhalten schwächt das Vertrauen in demokratische Abläufe und ist auch rechtsstaatlich problematisch. Die Grünen appellieren an den Regierungsrat von derartigen Windfahnen-Manövern abzusehen.

Handlungsbedarf ist offensichtlich

Materiell besteht eindeutig Handlungsbedarf. Historisch gewachsen ist der Kanton Bern (2018) schwerfällig in 352 Gemeinden strukturiert, davon haben 207 Gemeinden weniger als 1500 Einwohnerinnen und Einwohner. Die bisherigen Fusionsergebnisse (48 Gemeinden weniger innert 15 Jahren) sind ungenügend. Die heutige Gemeindestruktur muss grundlegend überdacht und angepasst werden. Der Kanton braucht starke, funktionsfähige Gemeinden, welche ihren Bürgerinnen und Bürgern gute Dienstleistungen und gelebte Mitsprache ermöglichen. Gemeinden, welche funktionale Räume abbilden, werden in ihrer Handlungsfähigkeit und Leistungsfähigkeit gestärkt. Dies gibt Chancen für die Raumplanung, sowohl für Stadt-, Agglomerations- wie auch Landgemeinden. Daher sollen auch Zentrumsgemeinden wie Bern, Biel und Thun in Fusionsbestrebungen mit ihren umliegenden Gemeinden aktiv vom Kanton unterstützt werden. Bereits 2014 hatten die Grünen die Reduktion der Gemeinden auf 100 als strategisches Ziel für den Kanton formuliert.

Stellungnahme_Gruene_Vernehmlasung VO FILAG 2019